Welches sind die Erfordernisse des Vertragsabschlusses?
Zum Abschluss eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1. Die Willensäusserungen bestehen im Antrag der einen Partei und in der Annahme dieses Antrages durch die andere Partei.
2. Die Willensübereinstimmung ist dann gegeben, wenn sich Antrag und Annahme inhaltlich in allen wesentlichen Punkten decken. Die Willensäußerung kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein. Als stillschweigende Willensäußerung gilt jedes Verhalten außer der gesprochenen oder geschriebenen Willenserklärung, das nach allgemeiner Ansicht auf das Vorhandensein des Willens zum Vertragsabschluss schließen lässt. Unter gewissen Voraussetzungen wird Stillschweigen als Wille zum Abschluss des Vertrages ausgelegt. Man unterscheidet bei jedem Vertrag zwischen wesentlichen Punkten und Nebenpunkten. Ist von den Parteien nicht vereinbart worden, dass der Vertrag erst dann gültig sein soll, wenn man sich über die vorbehaltenen Nebenpunkte geeinigt habe, so ist er gültig, sobald über die wesentlichen Punkte eine Vereinbarung zustande gekommen ist. Streitigkeiten über die Nebenpunkte entscheidet der Richter. Ob ein Punkt als wesentlicher oder als unwesentlicher zu betrachten sei, hängt von der Art des Vertrages und vom Willen der Parteien ab. Wesentliche Punkte sind zum Beispiel bei einem Kaufvertrag: Gegenstand, Gattung, Menge, Preis. Doch braucht zum Beispiel der Preis oder die Menge nicht zum voraus festgelegt zu sein; es genügt, wenn sie aus den Umständen bestimmbar sind (Börsenpreis, ganzes Lager).
Die im Antrag zum Ausdruck kommende Willensäußerung ist für den Antragsteller bindend. Der Antrag hat somit die Rechtswirkung, dass die Gegenpartei durch die Annahme des Antrages den Vertragsabschluss herbeiführen kann. Für die Dauer der Bindung des Antragstellers ist zu unterscheiden zwischen dem befristeten und dem unbefristeten Antrag. Wer einen befristeten Antrag stellt, bleibt bis zum Ablauf der Frist an seinen Antrag gebunden. Beim unbefristeten Antrag an einen Anwesenden ist der Antragsteller nur gebunden, wenn seine Offerte im Verlauf des Gesprächs angenommen wird. Wenn sich die Vertragsschließenden des Telefons bedienen, gilt der Vertrag als unter Anwesenden geschlossen. Wird der Antrag unbefristet an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkt gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmäßigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf. Er darf dabei voraussetzen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei. Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahmeerklärung verspätet ein und will der Antragsteller nicht mehr gebunden sein, so muss er dies der Gegenpartei unverzüglich mitteilen. Ein unverbindlicher Antrag liegt dann vor, wenn der Antragsteller in seinem Antrag deutlich zu erkennen gibt, dass er an seinen Antrag nicht gebunden sein will oder wenn aus der Natur des Geschäfts oder aus den Umständen hervorgeht, dass der Antragsteller sich nicht binden will. Die Zustellung von Preislisten, Katalogen und Tarifen gilt nicht als Antrag im Rechtssinne, wohl aber die Auslage von Waren in Schaufenstern mit Preisangabe.
Ein Antrag kann widerrufen werden. Trifft der Widerruf vor oder mit dem Anfrage bei der Gegenpartei ein oder wird er trotz späterem Eintreffen noch vor dem Antrag zur Kenntnis genommen, so ist der Antrag als nicht geschehen zu betrachten. Die gleichen Bestimmungen gelten auch für den Widerruf der Annahme.